Propaganda - Ein Beispiel: Wie funktioniert Propaganda gegen das Impfen?

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Propaganda steht für "verbreiten, ausbreiten", laut Duden : Systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher o.ä. Ideen und Meinungen
mit dem Ziel, das allgemeine Bewusstsein in bestimmter Weise zu beeinflussen:
Der Ukraine-Krieg macht diesen Artikel zur Nebensache, kann aber Hinweise auf das liefern, was gerade als "Große Propaganda" abläuft.
Die Definition ist somit schon mal geklärt. Und wer hat es erfunden? Das war die Katholische Kirche 1622 Congregatio de Propaganda Fide (Heilige Kongregation für die Verbreitung des Glaubens) im Zuge der Gegenreformation, also zur Zeit des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648). Die damalige Definition soll aber gezielter ausgerichtet gewesen sein. Gemeint war wohl mit Propaganda "Einpflanzen" und zwar den Glauben an Kirche und Papst. Kongregation = zentrale Behörde im Vatikan. Damit wird deutlich, dass schon damals die Propaganda zentral gesteuert wurde.
Warum funktioniert Propaganda?
Menschen möchten an etwas glauben und Propaganda sagt ihnen an was sie glauben sollen. Harte Fakten, wissenschaftliche Erkenntnisse sind Realität, also sind für einen Glauben wenig geeignet und stören da nur. Fakten werden daher grundsätzlich als falsch (Fakes) abgetan. Als notwendige Alternative wird dann der größte Blödsinn angepriesen. Ein Beispiel: "Biontech kann das Erbgut verändern und unfruchtbar machen". Solche Falschaussagen, in Kombination mit ein paar anderen unsinnigen Argumenten vielfach wiederholt in Facebook und Co., genau die erschaffen so ein Schreckensbild, das gerne geglaubt wird.
Das allein reicht aber noch nicht. Man braucht noch einen Feind. Dazu mehr unten im Text.
Wie macht man Propaganda?
Punkt 1
Grundsätzlich funktioniert Propaganda immer vertikal von oben nach unten. Oben sitzt der Initiator mit seinen Gefolgsleuten und das Volk steht unten und stellt die Masse der Zielpersonen. Dann braucht man einen Multiplikator. Früher waren das Flugblätter (1622 war der Druck schon erfunden, seit Martin Luther wurden Flugblätter schon gerne gelesen). Dann kam das Radio und der Film auf. Heute sind das die sozialen Netzwerke (Twitter, Facebook, Telegram und Co.), die viel schneller sind und gleichzeitig anonym. Und die Halbwahrheiten und Lügen multiplizieren sich selbst. Ironie dabei ist die Bezeichnung "die News geht viral".
Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Initiator anonym bleibt, denn sonst könnte eine Falschmeldung schnell mit Verweis auf die "bösen" Absichten des Initiators ausgehebelt werden. Ebenso muss die wahre Absicht verborgen bleiben, denn sonst würde man den Boden für den Glauben an die Sache stark aufweichen. Hätte man den Engländern gesagt, wer vom Brexit profitieren will, ja dann…
Punkt 2
Propaganda braucht immer eine Strategie. Gemeint ist damit ein Ziel und das lautet primär "Polarisieren zum eigenen Nutzen". Eine solche Spaltung der Gesellschaft nützt dem Urheber der Propaganda und hilft sogar Wahlen zu gewinnen (siehe Trump, Brexit-Boris Johnsen).
Das Ziel ist festgelegt, die Umsetzung (Taktik) dagegen kann im Laufe der Kampagne variieren, bzw. verfeinert werden. Eine bundesweite Konzentration der Impfgegner-Aktionen auf "Montags-Spaziergänge-Demos" ist hierfür ein Beispiel und sorgt so für eine geballte Berichterstattung in den klassischen Medien. Die Presse und das Fernsehen unterstützen somit das taktische Vorgehen und befinden sich damit in einem Dilemma. Denn Berichte im TV etc. nützen der Propaganda, ein "Nicht-Berichten" gilt als Zensur und ist somit undemokratisch. Man sieht also, eine gute Taktik bringt die Propaganda sicher zum Erfolg.
Punkt 3
Propaganda muss immer die Sprache der Zielpersonen sprechen.
Ein Beitrag auf Facebook mit den Worten "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, unser Intellekt verlangt eine plakative Initiative gegen die Palette der Corona-Restriktionen" wird wohl in den Weiten der sozialen Netzwerke verdampfen. Das muss "robuster" formuliert sein: "Leute, alles nur Lügenmist mit dem Impfen, die wollen unsere Freiheit nehmen und die Pharmariesen wollen schnell Kohle machen". So etwas wirkt schon eher.
Punkt 4
Propaganda ist keine „Eintagsfliege“, sondern läuft über Monate oder länger. Also muss regelmäßig "nachgelegt" werden, und zwar mit einer Steigerung bei den Behauptungen bis hin zur absurden Lüge. Je größer die Lüge, umso mehr wird dann geglaubt (soll Hitler mal gesagt haben und Putin versucht das gerade). Die Sprüche gegen die Corona-Impfung sind daher im Laufe der Kampagne einfacher geworden. "Impfen Nein – Freiheit behalten". In Kombination mit "Wir sind das Volk" klingt kraftvoll plausibel, ist aber natürlich ohne wirklichen Inhalt. Was hier zählt sind platte Sprüche, außerdem kann man die auf Demos gut rausbrüllen.
Hat diese Propaganda somit den Boden der Grotte erreicht, weil die Lügen ausgehen? Wohl kaum. Man kann z.B. die Argumentation wechseln. "mRNA-Impfstoffe sind gefährlich, wir warten nur auf Impfstoffe, die nach erprobter Methode hergestellt werden und bis dahin verlangen wir die Aufhebung der Zwangsmaßnahmen". Gemeint sind sog. Tot-Impfstoffe (aus inaktivierten Viren), die sich derzeit noch in der Erprobung befinden, oder der Impfstoff der Firma Novavax (ein Protein-Impfstoff), der jetzt erstmalig verimpft wird. Allerdings hat damit das "Protest-Volk" ein Argument weniger, was ein Abebben der Kampagne einleiten könnte.
Punkt 5
Ganz wichtig! Propaganda braucht einen Feind, denn es geht ja gegen etwas und nicht für eine Sache.
Corona-Regeln werden von Politikern gemacht, also ist der Feind erkannt. Wenn dann einige Politiker auch noch krumme Geschäfte mit Masken machen, passt das Feindbild. Stellen sich Regierungs-Beschlüsse dann auch noch zusätzlich jede Woche als neues "Rein in die Kartoffeln – Raus aus die Kartoffeln" dar, ist der Ruf der Politik total "im Eimer". Ein perfekter Feind, der auch noch Schwäche zeigt.
Werden aber als Folge Politiker persönlich angegriffen, gilt das nur als Kollateralschaden, der schon mal passieren kann. Ein Schuldeingeständnis hier würde bedeuten, dass die ganze Sache aus dem Ruder gelaufen ist und damit beendet werden sollte. Das sieht die Propaganda nicht vor.
Punkt 6
Propaganda muss zusätzlich noch Missgunst und Frust erzeugen (z.B. Geimpfte dürfen in den Baumarkt und ich nicht, und das nur weil ich anderer Meinung bin). Dann dazu noch ein paar griffige Parolen mit Schwerpunkt "Bürgerrechte" und schon geht das Volk motivierter auf die Straße. Die Bestätigung liefern dann die entsprechenden Gerichtsurteile, die von den Medien ja auch sofort verbreitet werden. Wer dagegen ist hat also Recht, die anderen begreifen das einfach nicht, aber die dürfen in den Baumarkt.
Punkt 7
Propaganda kann (soll) Angst erzeugen.
Die Angst des Einzelnen äußert sich in Aussagen wie z.B. "Habe gehört, bald dürfen nur noch Geimpfte einkaufen und die kaufen alles leer". Angst geht hier einher mit dem Zwang zum Verzicht, und Verzichten geht gar nicht. Wer Angst hat, dem kann man leicht einen "Rettungsring" verkaufen, auch wenn es nur leicht regnet.
Punkt 8
Propaganda soll auch Chaos erzeugen
Etwas komplexer ist die Sache mit dem Chaos. Wenn der Mann sich impfen lassen will, die Frau aber Querdenkerin ist und Oma und Opa schon geimpft sind, ja dann sind häusliche Turbulenzen vorprogrammiert. Das Spielt sich aber nicht in der Öffentlichkeit ab. Damit nützt das den Urhebern der Propaganda kaum. Das muss auf anderen Ebenen wirken.
Ein Beispiel für Chaos konnte (und kann man noch) in der Altenpflege feststellen. Eine Impfpflicht führt zu einem Personal-Mangel-Chaos, wird daher nicht oder nur halbherzig durchgesetzt. Ein Ziel der Propaganda ist somit erreicht. Chaos beim Feind, denn Impfpflicht ist nur ein zahnloser Tiger.
Aber warum funktioniert das mit dem Chaos so einfach? Propaganda agiert, die Politik bei uns reagiert darauf meistens langsam. Und wer agiert ist immer einen Schritt voraus.
Uneinigkeit (auch innerhalb) der Parteien verhindert eine klare Linie und das nützt den Impfgegnern. Das Geschehen wird somit von der Propaganda getrieben, die Politik reagiert erst, wenn der Zug schon abgefahren ist. In totalitären Staaten läuft das bekanntlich anders. Wer systemstörende Propaganda betreibt, der ist schnell verschwunden.
Punkt 9
Humor. Dieses ist ein Punkt, der von Propaganda vollkommen ausgeklammert werden muss. Propaganda muss komplett humorlos bleiben, den Glauben ist eine ernste Sache. Spaß beim Querdenken weicht die ganze Sache auf. Keiner soll lachen!
Witze, Satire. Comics etc. sind Instrumente der Gegenpropaganda, wirken nur vorbeugend wenn überhaupt. Bereits Querdenkende sind hier resistent. Auch dieser Artikel wird bei Impfgegnern nicht wirken.
Schlussbemerkungen
Die Propaganda gegen das Impfen hat sehr gut funktioniert. Impfgegner sind schnell resistent geworden gegen die Vernunft. Im Wahlkampf 2021 wollte keine Partei gegensteuern, weil man eine Wählerwanderung zur AFD befürchtete. Die Zeit war also günstig. Allerdings bröckeln langsam die Argumente der Impfgegner (Stichwort Novavax). Und wenn es plötzlich am Arbeitsplatz heißt "Impfen oder Freistellung ohne Lohnfortzahlung" knicken viele ein oder aber besorgen sich gefälschte Impfnachweise. Sie können dann aber nicht mehr als Impfgegner auftreten.
Jetzt aber noch einmal zurück zur Lüge, neben Glauben ein Kernelement der Propaganda.
Propaganda-Lügen richten sich entweder nach "Innen" oder nach "Außen".
Propaganda-Lügen können sich an die eigenen Anhänger richten, natürlich um diese aktiv zu halten und zu führen.
Oder die Lügen richten sich gezielt an die "Unentschlossenen" oder als Provokation an die Gegner.
Man kann Lügen sogar einteilen, und zwar grob in:
Die "einfache Lüge" Das ist etwas, was nicht wahr ist.
Die "Ketten-Lüge". Ein Reihenfolge von Falschaussagen, die zu einer falschen Beurteilung führen.
Falschaussagen, die Tatsachen heftig verdrehen und dabei positive Fakten weglassen und Negativa einflechten.
Und was ist mit dem Glauben als Kernelement der Propaganda?
Glauben hat ein Potential zur Gewalttätigkeit (bis hin zum Töten). Die radikalen Impfgegner haben das bewiesen. Wer vor Intensivstationen (mit Coronapatienten) laut demonstriert, der ist gewalttätig!
Und wenn uns Propaganda eine Milchschnitte ohne Milch verkauft, uns ein "hochgestelltes" Normalauto als " must have" Urban-SUV in schönsten Bildern darstellt, ja dann ist das Werbung.
Von Claus S. Tebägger